Montag, 4. Dezember 2017

Erfahrung

Ich bin Trauerbegleiterin!




"Ich komme aus der Stadt zurück. An verschiedenen Orten habe ich Flyer verteilt und Menschen angesprochen, um für meine Arbeit als Trauerbegleiterin zu werben.

Nachdenklich stelle ich fest, dass das Thema Trauer für viele Menschen ein Problem zu sein scheint, etwas, dem sie lieber mit gesenktem Blick begegnen. Oder sie bringen es sofort mit Hospizarbeit und Sterbebegleitung in Verbindung, mit Bestattungsinstituten und Pflegeheimen. Man empfiehlt mir, meine Flyer an Treffpunkten für Menschen auszulegen, die psychisch angeschlagen, in Betreuung oder arbeitslos sind. Sicher, auch Nichtgebrauchtwerden, Krankheit, Lebensentwürfe, von denen man Abschied nehmen muss und andere Verluste müssen betrauert werden, aber der Tod geht uns doch alle an. Er kann uns mitten im Leben begegnen. Als betroffene Mutter weiß ich, wovon ich spreche. Wir sind ganz normale Menschen, die wieder in ein uns erfüllendes Leben hineinwachsen, indem wir uns für die Wellen der Trauer Zeit nehmen, uns ausdrücken und unsere Erfahrungen mit Anderen teilen. Das ist heilsam und Ausdruck der Liebe zu den Verstorbenen.
Jedes Jahr sterben allein in Deutschland zwanzigtausend Kinder an Krankheiten, durch Unfälle oder Suizid. Sie hinterlassen Eltern, Großeltern und Geschwister. Erwachsene lassen Ehepartner, Partnerinnen und Freunde zurück, Eltern sterben und lassen ihre Kinder zurück, gleich welchen Alters.
In den Medien ist Sterben und Tod allgegenwärtig, aber vielen fällt es schwer, mit Trauernden zu sprechen. Medikamente, um die Trauer zu betäuben, verhindern eine tiefe, kreative Auseinandersetzung mit dem Verlust. Ich wünsche mir mehr Offenheit für das Thema Endlichkeit, mehr Mut für den Umgang mit Trauernden und die Anerkennung der Tatsache, dass gelebte Trauer ins Leben gehört."

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